Solidarität mit der Bevölkerung in der Ukraine
Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat uns mit einer neuen Realität konfrontiert, die sich im allgemeinen Kriegsgetrommel bereits angekündigt hat, gegen die aber alle unsere Hoffnungen standen.
Unsere Appelle richten sich nun nicht an den deutschen Staat, Diplomat*innen oder die UN. Wir adressieren die Linke und Menschen, mit denen wir tagtäglich über diesen Konflikt ins Gespräch kommen: einerseits ihre „Russlandtreue“ zu überdenken, als falsch verstandene antiimperialistische Schutzmacht, die sie bereits zu sowjetischen Zeiten längst nicht mehr war. Andererseits darf es nicht passieren, dass wir im Angesicht dieser Situation in bürgerliche Ideologie verfallen. Das heißt auch, das wir genau hinschauen und reflektieren müssen, was die bürgerliche Öffentlichkeit berichtet, fordert und von sich gibt. Denn diese folgt natürlich ihrem eigenen Narrativ, das die Expansion ökonomischer Interessen auszuklammern und zu kaschieren weiß und das Ganze zu einem rein politischen Manöver eines „durchgeknallten“ Alleinherrschers macht.
Uns geht es nicht darum zu relativieren, dass Putins Regime, indem es den Krieg gewählt hat, für die derzeitigen militärischen Verbrechen und die drohende humanitäre Katastrophe die Verantwortung trägt. Deshalb muss unsere erste Losung sein: russische Imperialisten raus aus der Ukraine!
Gleichzeitig ist uns wichtig zu betonen, dass Imperialismus nicht irgendeine „archaische Kriegstümelei“ ist, wo Plündern, Brandschatzen und persönliche Streitigkeiten oder gar der Krieg selbst Zweck des Krieges ist. Krieg ist das (äußerste) Mittel imperialistischer Staaten und folgt dem Zwang einer inneren kapitalistischen Logik. Es geht um Einflusssphären, Absatzmärkte und Profite, die mit militärischen Mittel durchgesetzt werden.
Deshalb ist es neben der autokratischen Regierung Putins auch die russische Oligarchie und ihre Unternehmen, kurz die gesamte Kapitalist*innen-Klasse, die Schuld an diesem Krieg trägt. Gleichzeitig sind auch BRD, EU und Nato nicht die Repräsentantinnen unserer Interessen, denn diese liegen jenseits von Staat, Nation und Kapital. Wir haben weder ein „Mutter*Vaterland“, noch haben wir ein gemeinsames Interesse mit kapitalistischen Konzernen und Institutionen.
Die Ukraine ist nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zum tragischen Spielfeld des hegemonialen Kampfes zwischen dem Westen und Russland geworden. Seit der Orangen Revolution 2004 und verstärkt seit den Maidan-Protesten 2013/14 setzte sich die Westorientierung politisch durch und gleichzeitig verschärfte sich die Spaltung und der Bürgerkrieg im Osten der Ukraine. Die Annexion der Krim 2014 und die zunehmende Kontrolle prorussischer Separatisten über die Regionen Donbass und Luhansk demonstrierten bereits, wie sehr der russische Imperialismus lange Zeit unterschätzt wurde.
Entgegen diesen Großmachtfantasien Russlands, aber auch der expansionistischen Osterweiterung von EU und Nato gilt unsere Solidarität der Zivilbevölkerung in der Ukraine als den Leidtragenden dieses Konflikts. Es braucht nun in aller erster Linie konkrete Maßnahmen, um allen flüchtenden Menschen Schutz zu gewähren und allen, die nicht flüchten können oder wollen, Unterstützung zukommen zu lassen.
Die Rede von der „sicherheitspolitischen Zeitenwende“, wie sie Scholz und Co. inzwischen gebrauchen, halten wir für äußerst bedenklich, da sie die Menschen rhetorisch darauf einpeitscht, dass nun alles anders wird. Wir müssen ganz genau hinschauen, was nun die nächsten Schritte sind, und verhindern, dass eine Eskalationsspirale losgetreten wird, die niemand mehr stoppen kann und an deren Ende ein Weltkrieg droht. Wir dürfen nicht unseren Weitblick verlieren und in einem bewusstlosen Kriegstaumel versinken. Deshalb: aller Kriegshetze entschlossen entgegentreten!
Gleichzeitig ist zu befürchten, dass diese neue Situation nun Legitimationsgrundlage sein wird, Ausgaben im sozialen, Bildungs- und Gesundheitssektor zugunsten des Militäretats zu kürzen. Denn die Bundesregierung hat längst ankündigte diesen auf 100 Milliarden Euro, d.h. auf über 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erhöhen zu wollen. Das lässt vor allem die Korken knallen bei den Rüstungskonzernen, deren Aktienkurse derzeit nach oben schnellen. Dem muss entschieden widersprochen werden!
Für uns ist aber auch klar, es kann nur eine kommunistische Perspektive sein, die Krieg und seine Ursachen in die Geschichte verbannt. Nur indem den Interessen von Herrschaft und Kapital durch eine revolutionäre Gegenbewegung (irgendwann) ein Strich durch die Rechnung gemacht wird, kann der Traum einer befriedeten Welt jenseits von Angst und Macht Realität werden.