Warum sagen wir, dass Corona mehr als eine Gesundheitskrise ist? Und warum sind wir jetzt auf der Straße, obwohl es sich vermeintlich so anfühlt, als wäre Corona endlich vorbei?
Zum einen meinen wir damit, dass diese Krise eingebettet ist in eine Vielzahl von Krisen, die gleichzeitig wirken und sich gegenseitig verstärken. Neben dieser pandemischen Notsituation haben wir es zu tun mit Krisen im Finanzwesen, Migrationskrisen ausgelöst durch Krieg, Naturkatastrophen und die ökonomische Ausbeutung ärmerer Länder, den globalen Konflikten um die Verteilung von Rohstoffen, Verwertungskrisen in der Produktion, krisenanfälligen Lieferketten und nicht zuletzt der alles überschattenden Klimakrise.
Für uns ist daher wichtig zu betonen: Die wirtschaftliche Krise, deren Auswirkung die nun spürbare Inflation ist, ist nicht nur eine Folge der Pandemie. Sie ist auch nicht reduzierbar auf die Auswirkungen des Kriegs in der Ukraine. Sie ist ein wesentlicher Teil des Kapitalismus.
Das mindeste in einer solchen Situation wäre doch, jene, die eh zu viel Kohle haben, um davon sinnvolle Dinge zu kaufen, jene, die während der Pandemie unglaubliche Gewinne einstreichen konnten, nun in die Pflicht zu nehmen und mit sofortiger Wirkung stärker zu besteuern, um damit geringere Einkommensschichten vor lebensbedrohlichen Situationen zu schützen. Denn wer nichts hat und am Monatsende bei Null ist, kann auch keine 20- bis 50-prozentigen Preissteigerungen bei Lebensmittel tragen, und muss, um überhaupt zur Arbeit zu kommen, bei den derzeitigen Spritpreisen den Gürtel beim Essen oder Heizen enger schnallen.
Das mindeste wäre doch, angesichts radikal steigender Preise egal ob an der Tankstelle, bei der Energieversorgung, bei Mieten oder im Supermarkt, in die gewerkschaftliche Radikaloffensive zu gehen. Mit Streiks – vielleicht auch einfach durch wilde Streiks, es handelt sich schließlich um Selbstverteidigung – eine sofortige Angleichung der Löhne, und nicht zu vergessen des Arbeitslosengelds, an die Inflation durchzusetzen.
Dies alles wäre keine besonders gewagte Haltung! Sie wäre ein Appell an das Versprechen des Sozialstaats. Ein Appell an einen Staat, der allerdings nach anderen Interessen handelt, nämlich den Profitinteressen der Wirtschaft. Von daher sind unsere Erwartungen, was derlei Forderungen angeht, sehr gering.
Und warum sind wir dann, wie eingangs gefragt, jetzt auf der Straße? Steigende Preise sind nichts, was wir einfach hinnehmen müssen. Kapitalismus ist kein Naturgesetz. Wir sind es, die darüber entscheiden, ob das System, das uns ausbeutet, unsere Existenzen vielfältig bedroht und unseren Planeten zerstört, ob dieses System aufrecht erhalten bleibt oder zu Fall gebracht wird. Wir sind es, die entscheiden, ob der Kapitalismus durch eine an den Bedürfnissen von Mensch und Natur ausgerichtete Gesellschaftsform ersetzt wird oder nicht.
Wenn wir sagen: Nicht auf unserem Rücken! Dann meinen wir damit die ganze Schweinerei des Kapitalismus. Wir lassen uns nicht zum Spielball eines beschissenen Systems machen, das auf Ausgrenzung, Ausbeutung und Armut basiert, auf einem nach oben Buckeln und nach unten Treten, auf der falschen Illusion, man könne sich ein erträgliches Leben erkaufen, wenn man andere durch den Kakao zieht oder einen kaputten Rücken für eine miese Rente riskiert.
Schluss damit! Nicht auf unserem Rücken heißt Kapitalismus beenden. Die Welt gehört uns, nicht den Bossen und nicht den Regierungen. Wenn uns dieser Kapitalismus durch einen Klassenkampf von oben ins Elend stürtzt, sagen wir: Nicht auf unserem Rücken ist der Ruf der Selbstverteidigung unserer Klasse!