Die Revolution kommt nicht von allein! Aber ihr Vorbote geistert noch immer als ein nicht totzukriegendes Gespenst – dem spanischen „fantasma“ – durch die Welt. Sie atmet in den sozialen und ökologischen Kämpfen dieser Welt, in den Aufständen gegen die nicht länger hinzunehmenden Zumutungen der Gegenwart. Ihr schlussendliches Scheitern oder Gelingen wird jedoch davon abhängen, ob wir es schaffen, uns zu verbünden, uns zu ermächtigen gegen die Herrschaft des Bestehenden – aber auch davon, ob wir diesem Phantasma, als noch vagem Umriss der befreiten Gesellschaft, eine wirkliche Gestalt geben können. Wir wollen diese utopischen Konturen vorzeichnen, auch wenn sie – aus der Gegenwart betrachtet – fehlbar sind. Gleichzeitig wollen wir im ständigen Widerstand gegen die Klassengesellschaft ein anderes Zusammenleben bereits im Hier und Jetzt einüben.
1. Wer wir sind
Uns als Fantasma – Revolutionäre Linke Kassel verbindet die radikale Kritik gesellschaftlicher Verhältnisse und die Einsicht, dass wir mit diesen brechen müssen. Dieser Kritik möchten wir einen Rahmen geben, in dem Menschen sich organisieren können, um gemeinsam eine politische Praxis zu entwickeln. Die kapitalistische Gesellschaft, in der wir leben, ist ein von uns selbst hervorgebrachter Zustand. Diesen Zustand betrachten wir als veränder- und aufhebbar – genau wie die Herrschafts- und Gewaltverhältnisse, die notwendig sind, um ihn aufrechtzuerhalten. Dazu zählen wir unter anderem Patriarchat und Rassismus, Lohnarbeit und Naturausbeutung.
Mit Fantasma wollen wir daran mitwirken, politische Kämpfe gegen diese Ordnung in Kassel zu begleiten, zu unterstützen und zu vereinen. Wir wollen aber auch selbst die Initiative ergreifen, um dem Ziel einer grundlegenden Transformation ein Stück näher zu kommen. Dabei verstehen wir uns selbstbewusst als kommunistische Gruppe.
2. Was uns bewegt
Wir sind uns einig, dass es für die Erfüllung unseres Traums vom Ende der Not und dem Glück aller mehr braucht als nur die Überwindung des Kapitalismus. Denn mit der gesellschaftlichen, demokratischen Kontrolle über die Produktionsbedingungen des guten Lebens endet nicht automatisch jede Form von Unterdrückung. Der ganze sexistische und rassistische Normalzustand, wie auch die drohende Zerstörung des Planeten durch den Klimawandel, kennen keinen Haupt- und Nebenwiderspruch.
All diese Logiken durchziehen unser Denken und Handeln so nachhaltig, dass eine Welt, die nicht auf Zwang, Ausbeutung und der ganzen Absurdität der Gegenwart beruht, oft gar nicht vorstellbar erscheint. Und dennoch verbindet uns mit unseren Genoss*innen weltweit schon jetzt nicht nur das Wissen um die himmelschreiende Ungerechtigkeit der bestehenden Verhältnisse, sondern auch die Wut, das Mitgefühl und der Wille, den es braucht, um ihre Überwindung herbeizuführen. Wir wollen diesen Zuständen den Kampf ansagen, und wissen, dass wir dafür auch uns selbst verändern müssen. Wir wollen alles neu verhandeln: Wie wir leben, wie wir arbeiten und wie wir Bedürfnissen begegnen.
3. Wohin wir wollen
Unsere Arbeit fußt also auf der Überzeugung, dass nicht der eine, sondern viele Kämpfe gleichzeitig und zusammen geführt werden müssen, um Kapital, Nazis, Antisemit*innen und sexistischen Arschlöchern das Handwerk zu legen! Deshalb wollen wir daran mitwirken, in Kassel eine starke linksradikale Perspektive aufzubauen, indem wir in verschiedene Politikfelder hineinwirken und diese immer wieder in Beziehung setzen.
Wir wollen dabei weder eine Gruppe sein, die nach außen hin unnahbar und abgeschlossen ist, noch ein unverbindliches, loses Netzwerk. Auf unseren Treffen sprechen wir einerseits darüber, wie wir auf aktuelle politische Ereignisse reagieren können und wo wir intervenieren wollen; andererseits wollen wir auch langfristige Strategien und Visionen für ein besseres Leben in Kassel und darüber hinaus entwickeln – und leben!
Unsere Utopien müssen wir dabei immer wieder an der Wirklichkeit messen, die uns umgibt. Denn Kommunismus ist für uns mit Marx und Engels „nicht ein Zustand, der hergestellt werden soll, ein Ideal, wonach die Wirklichkeit sich zu richten habe. Wir nennen Kommunismus die wirkliche Bewegung, welche den jetzigen Zustand aufhebt“.
Theorie und Bildung sollen unsere praktische Arbeit rund um soziale Kämpfe vor Ort und international begleiten. Unsere individuellen Unterschiede und verschiedenen sozialen wie politischen Hintergründe können und wollen wir dadurch nicht aufheben, wohl aber einen Raum für Austausch und Verständigung schaffen. Auf dieser Grundlage können wir uns eigene Positionen und Konzepte erarbeiten und uns gegenseitig dabei helfen, komplexe gesellschaftliche Zusammenhänge besser zu erfassen. Wir möchten Solidarität politisch und menschlich ernst nehmen. Das bedeutet, Kritik empathisch zu begegnen und Ressourcen nach innen und außen zu teilen, wo es möglich ist.
Unsere Gruppe hat also keinen dogmatischen Start- oder Endpunkt, sondern versteht sich in permanenter Auseinandersetzung mit sich selbst und den gesellschaftlichen Verhältnissen. Wir schreiten fragend voran und hören nicht auf, über unseren Platz in der Welt, Mittel und Wege, Ziele und Utopien, nachzudenken. Dass wir uns dafür organisieren ist notwendig, um die Vereinzelung zu überwinden, die uns lähmt. Gegen den ganzen Rotz, von dem wir umgeben und durchdrungen sind, ankommen – das können wir nur zusammen.
Lang lebe das Gespenst des Kommunismus!
Gründungserklärung – September 2021, Kassel